Projekte gegen die Einsamkeit im Alter und vieles mehr: Wuppertaler Studiengang Industrial Design lädt zum Showcase ein

27.02.2024|13:45 Uhr

Unsere Gesellschaft wird immer älter. Ein Teil ihrer Menschen lebt im Alter alleine, ist mit Krankheiten konfrontiert, die Einsamkeit verstärken können. Welchen Beitrag kann Technologie leisten, Kommunikation zwischen Alt und Jung ortsunabhängig zu fördern und beispielsweise Prozessen der Demenz entgegenzuwirken? Dieser Frage gehen Industriedesignstudierende der Bergischen Universität Wuppertal in ihren aktuellen Semesterprojekten nach. Ihre Ergebnisse – technische Prototypen – sowie viele weitere Abschlussarbeiten, u. a. zum Thema nachhaltiges Produktdesign, stellen sie und ihre Kommiliton*innen im Rahmen ihrer Semesterabschlussausstellung „Showcase“ vor: Zur öffentlichen Finissage am Freitag, 8. März, sind alle Interessierten ab 19 Uhr herzlich eingeladen.

Im Forschungsprojekt ZEIT entwickeln und testen die Wissenschaftler*innen eine digitale Lösung, die das Gefühl der Verbundenheit zwischen Alt und Jung fördern soll. // Foto Yuliya Sobol

„Hinter den Projekten, die sich speziell auf das Thema Einsamkeit im Alter beziehen, steckt im Kern die Überlegung, gemeinsame Aktivitäten zu schaffen, um darüber neue Gesprächsthemen zu entwickeln“, erklärt Fabian Hemmert. Der Professor für Interface- und User Experience-Design ist mit seinem Team aktuell Teil des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Projekts ZEIT, für das ein digitales System entwickelt wurde, mit dem Senior*innen trotz räumlicher Distanz mit ihren sozialen Kontakten interagieren können (siehe Infokasten). „Das Thema eines solchen Forschungsvorhabens greifen wir auch für die Lehr-Lern-Projekte unserer Studierenden auf. So entstehen neben der großen digitalen Gesamtlösung viele weitere Prototypen, die das Ziel verfolgen, zwischenmenschliche Verbundenheit zu fördern“, so Hemmert.

Kurz skizziert: Die Idee hinter dem ZEIT-Projekt. // Abbildung uwid/BUW

„Du bist nicht allein“

Im vergangenen Semester standen vermehrt proaktive Lösungen im Vordergrund. Heißt: Durch einfach bedienbare Anwendungen wie ein gemeinsames Spiel in virtueller Umgebung können Menschen direkt miteinander kommunizieren. Aktuell arbeitet die nächste Gruppe von Studierenden vorwiegend daran, Systeme zu entwickeln, die hintergründig vermitteln sollen „Du bist nicht allein“. Ein Beispiel nennt Hemmert: „In einem Projekt wird ein Windspiel konzipiert, das in der Wohnung des Angehörigen hängen könnte. Immer, wenn ich an einem entsprechenden Gegenstück, das wiederum bei mir zu Hause in der Wohnung installiert ist, vorbeigehe, bewegt sich das Windspiel. Das kreiert ein Gefühl von Nähe“, erklärt Hemmert. Ein weiteres Projekt beschäftigt sich mit einer Bank, die – weitergedacht – einmal vor einem Pflegeheim stehen könnte, und seine Bewohner*innen einlädt, sich zu setzen, um mit der Außenwelt zu kommunizieren. Neben der Möglichkeit, Verbindung zu einer Person auf einer andernorts aufgestellten Bank herzustellen, ist dabei sogar denkbar und technisch lösbar, die physische Präsenz des Gegenübers durch eine Verformung der Bank zu suggerieren und das Gefühl der Nähe zu verstärken.

Ethik-Workshops: Nutzer*innen schützen

Es geht darum, ganz verschiedene Emotionen anzusprechen. Die Studierenden führen dafür im Vorfeld ihrer Konzepterstellung Interviews, beschäftigen sich mit Debatten zu sozialen und ethischen Fragestellungen: Welche Gefahren kann ein solches System auch mit sich bringen? Mentale Gesundheit, Daten- und technische Sicherheit stehen hierbei zum Beispiel im Fokus. „Mit entsprechenden Workshops vermitteln wir unseren Studierenden, wie wichtig es ist, ethische Komponenten von Beginn an in die Gestaltung einzubeziehen. Technisch ist mittlerweile so Vieles möglich, wir müssen die Nutzer*innen aber auch schützen“, betont Eva Licht, Wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Abteilung Industrial Design.

Beim Showcase zeigen die Studierenden ihre Arbeiten einem größeren Publikum. // Foto uwid/BUW

Showcase: Alle Arbeiten an einem Ort

Ihre Arbeiten stellen die Studierenden an der Bergischen Universität nun auf dem Campus Grifflenberg in Gebäude I, Foyer Ebene 13 (Zugang über Fuhlrottstraße 10) aus. Zur Finissage laden sie am 8. März ab 19 Uhr ein. Von physischen Produkten bis hin zu immateriellen Dienstleistungen und von Semesterprojekt bis Masterarbeit ist alles dabei. Manches, wie das Projekt in Kooperation mit dem Unternehmen Abus, ist ein visionärer Blick in die Zukunft; andere Inhalte suchen Antworten auf ganz aktuelle Fragestellungen wie „Wie teilt ein Produkt eigentlich mit, dass es nachhaltig ist?“. „Für unsere Studierenden ist der Showcase etwas Besonderes – hier können sie ihre Ideen und Lösungen einem größeren Publikum zeigen. Unser Showcase ist damit auch immer eine Plattform, um konstruktiv über gesellschaftliche Themen und Herausforderungen zu sprechen“, sagt Prof. Hemmert.

Weiterführende Informationen zur Ausstellung veröffentlicht der Studiengang auf der Veranstaltungswebseite.

Das Forschungsprojekt: ZEIT

Ziel des Verbundvorhabens ist die Erforschung und Entwicklung einer digitalen Gesamtlösung, die ein Gefühl der Verbundenheit schaffen kann, wenn ältere Menschen von ihrem Freundeskreis oder Familien getrennt sind. Dafür wurde ein Armstuhl mit einem programmierbaren Textil und zusätzlichen Sensoren im Gewebe des Sessels ausgestattet. Eine zentrale Rolle spielt hier ein Virtual Reality-System, mit dessen Hilfe Erinnerungen – beispielsweise alte Fotos und Urlaubserinnerungen – intuitiv navigierbar gemacht werden und gemeinsam mit Angehörigen neu erlebt werden können, zu denen so eine stärkere und aktivere Beziehung ermöglicht wird.

Der Studiengang Industrial Design von der Bergischen Universität kümmert sich im Projekt vor allem darum, die Nutzer*innen einzubeziehen. Zentral ist die Gestaltung eines Interfaces, das die komplexen Inhalte einfach bedienbar macht.

Das Projekt befindet sich auf der Zielgeraden: Eine abschließende Evaluation des Armstuhls durch weitere Tests mit Nutzer*innen soll Aufschluss darüber geben, welche Aspekte bei zukünftigen Entwicklungen dieser Art in besonderem Maße beachtet werden müssen.

Verbundkoordinator des Projekts ist das Institut für Textiltechnik der RWTH Aachen. Weitere Partner sind das OFFIS – Institut für Informatik aus Oldenburg, die Visseiro GmbH aus Berlin und die AWO Wohnen und Pflegen Weser-Ems GmbH. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung fördert das Gesamtvorhaben mit rund 1,8 Millionen Euro.

Kontakt
Prof. Dr.-Ing. Fabian Hemmert
Industrial Design
Telefon 0202/439-5764
E-Mail hemmert[at]uni-wuppertal.de

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