Verlorene Kunst
Dr. Doris Lehmann / Kunstgeschichte
Foto: Privat

Spurlos verschwunden?

Die Kunstgeschichtlerin Dr. Doris Lehmann über durch den 2. Weltkrieg verlorene Kunst

Das Bernsteinzimmer war ein Prunkraum, der im Auftrag des preußischen Königs Friedrich I. bis 1712 im Berliner Schloss eingebaut wurde und bereits 1716 von König Friedrich Wilhelm I. an Zar Peter I. im Tausch gegen groß gewachsene Soldaten seinen Weg nach Sankt Petersburg fand. Nach rund zwei Jahrhunderten erbeutete die deutsche Wehrmacht 1941 das kunstvolle Zimmer, baute es im Königsberger Schloss ein und lagerte es beim Vormarsch der Roten Armee 1944 wieder aus. Seitdem fehlen von diesem legendären Bernsteinzimmer bis auf eine Truhe und ein Mosaik, die höchstwahrscheinlich bis 1944 bereits gestohlen wurden, jede Spur. Für die Wuppertaler Kunstgeschichtlerin Dr. Doris Lehmann ist das Bernsteinzimmer nur ein Beispiel für viele Bilder und Skulpturen, die nach dem Chaos des Zweiten Weltkriegs in geheimen Verstecken verschwanden, gestohlen oder annektiert wurden. Die Wiederbeschaffung dieser Kunstwerke beschäftigt bis heute die Museen der Welt.

Die Suche nach verlorener Kunst geht weiter

„Nichts geht verloren, das nicht gefunden werden kann“, sagt die versierte Wissenschaftlerin. „Wenn wir von Kriegsverlusten sprechen, sollten wir zunächst unterscheiden zwischen den Werken, die tatsächlich zerstört oder so massiv beschädigt wurden, dass höchstens noch Fragmente davon erhalten sind. Das sind unwiederbringliche Verluste. Dazu gehören beispielsweise die berühmten Wandmalereien Albrecht Dürers im Nürnberger Rathaussaal, die im Krieg verbrannt sind. Ebenfalls als verloren gelten die drei spektakulären Fakultätsbilder, die Gustav Klimt für die Aula der Wiener Universität gemalt hatte. Die nur mit großem Aufwand zu transportierenden Monumentalgemälde wurden aufgerollt und zusammen mit anderen Kunstwerken in Schloss Immendorf bei Hollabrunn aufbewahrt. Dort wurden Soldaten der SS stationiert, zu denen ein Sprengkommando gehörte, das bei seinem Abzug im Mai 1945 Hitlers sogenannten ´Nerobefehl` befolgte und mit einem Zeitzünder einen verheerenden Brand verursachte.“ Zwar gebe es Gerüchte über angebliche Plünderungen, aber eine heimliche Bergung der riesigen Gemälde gelte aus praktischen Gründen als nahezu ausgeschlossen. Die Suche nach diversen Werken, von denen nicht zweifelsfrei geklärt ist, ob sie nun tatsächlich zerstört sind, gehen daher unvermittelt weiter. „Vermutlich verbrannt ist auch Caravaggios skandalöse Erstfassung des Evangelisten Matthäus für die Contarelli-Kapelle der Kirche San Luigi dei Francesi in Rom, die wie acht bis heute fehlende Großformate von Rubens in der Berliner Gemäldegalerie aufbewahrt wurde. Aber Gewissheit, ob diese Werke zerstört oder verschollen sind, haben wir auch in diesen Fällen nicht.“ In jedem Einzelfall gebe es eine unterschiedlich große Hoffnung, dass das Kunstwerk noch existiere und darum wieder aufgefunden und zurückgegeben werden könne. Lehmann nennt ein Beispiel: „2016 konnten wir uns darüber freuen, dass der Kölner Dom ein Glasmalereifragment zurückerhielt und 2017 den steinernen Kopf einer Relieffigur, der 1945 vom Tympanon des schwer beschädigten Michaelsportals verloren gegangen war. Ein amerikanischer Soldat hatte das Stück vom Dom aus den Trümmern als Andenken mitgenommen. Nach seinem Tod fand der Sohn des Soldaten das steinerne Bruchstück im Nachlass, ließ seine Herkunft klären und gab es zurück.“

Der Schutz von Kunstwerken im Krieg war schwierig

„Schutzversuche waren so verschieden wie die gefährdeten Objekte und die Möglichkeiten ihrer Beschützer“, sagt Lehmann, denn oft mangelte es an Verpackungsmaterial und Zeit für aufwändige Sicherungsmaßnahmen. Daher wurden im Verlaufe des Krieges die Maßnahmen den veränderten Rahmenbedingungen angepasst. „Zunächst wurden Museen für Besucher geschlossen, die dort verwahrten beweglichen Kunstwerke verpackt und in Kellerräume gebracht. Teilweise geschah das auch mit Beständen aus den Depots. Wer konnte, verschalte kulturell wertvolle Fassaden und nahm bewegliche Teile ab. Kleinere wertvolle Kunstwerke konnten in Tresoren oder Tresorräumen gelagert werden.“ Jedoch als die Gefahr von Bombenschäden wuchs, suchte man nach bomben- und plünderungssicheren Aufbewahrungsräumen, erklärt die Fachfrau. „Wenn Bergungstransporte möglich waren, dann wurden ausgewählte Kunstwerke zur Lagerung in Bunkeranlagen, Schlossbauten und Gutshäuser gebracht. Aber auch Höhlen und Stollen von Salz- und Kalibergwerken wurden genutzt. Recht bekannt ist die Saline Altaussee, wo Hitler die Kunstwerke für sein geplantes Führermuseum unterbringen ließ.“ Auslagerungen garantierten indes keine Sicherheit, betont Lehmann dabei, denn es sei heute auch bekannt, dass sowohl im Berliner Flakbunker Friedrichshain zahlreiche Gemälde und Skulpturen verbrannten, als auch an manchen Bergungsorten Kunstwerke unter dem Raumklima stark litten.

Die Verbringung von Raubkunst

Das NS-Regime hat tausende Werke aus Schlössern, Bibliotheken, Museen und Privatsammlungen in den besetzten Gebieten beschlagnahmt. Man spricht von Raubkunst, von der immer noch nicht alle an ihre Eigentümer zurückgegeben werden konnte. Wohin verschwanden diese vielen Kunstgegenstände? „Es wurden etwa 1.400 provisorische Sammelstellen an unterschiedlichen Orten eingerichtet“, erklärt die Wissenschaftlerin. „Als sogenannte ´Bergungsorte` wurden bevorzugt enteignete Burgen, Schlösser, Gutshäuser, Klöster, Kirchen und sogar Schulen genutzt. Auch in Räumen von Schloss Neuschwanstein und der Neuen Burg in Wien wurde enteignete Kunst gelagert. In Polen geraubte Kunst wurde in Schloss Fischhorn gesammelt, Kunstwerke aus Frankreich und den Benelux-Ländern im Gebäude des Jeu de Peaume in Paris zusammengetragen. In requirierten Bibliotheken und Archiven hortete man beschlagnahmte Bücher, so beispielsweise in Kiew in der Kirow-Bibliothek und in der Akademie der Wissenschaften in Minsk.“ Sammelstellen wie z.B. ein Möbellager in Oldenburg dienten als Zwischenlager auch dazu, weiß Lehmann, Kunstwerke weiterzuleiten. „Vermutlich wurden Millionen von beschlagnahmten Büchern in die Bestände deutscher und österreichischer Bibliotheken eingepflegt. Auch Museumssammlungen erhielten Kunstwerke zugeteilt.“

Der schwierige Weg der Rückführung

Ein berühmtes Beispiel der erfolgreichen Restitution, also Rückführung, ist das Jugendstilgemälde „Adele Bloch Bauer I“ von Gustav Klimt, dessen Geschichte sogar ein Kinofilm mit dem Titel „Die Dame in Gold“ behandelt. Das Gemälde wurde 1938 von den Nazis enteignet und 1941 an die Österreichische Nationalgalerie verkauft. Die Erbin, Maria Altmann, erhielt das Werk erst durch einen langwierigen Prozess 2006 zurück. Man schätzt heute, dass ca. 10.000 Werke der Naziraubkunst noch nicht zurückgegeben wurden. Rückführungen seien äußerst schwierig, weiß Lehmann und sagt: „Jede Rückführung stellt einen Einzelfall dar. Wir müssen uns klarmachen, dass diese Kulturgutverluste inzwischen sehr lange zurückliegen und die Rekonstruktion der damaligen individuellen, situationsspezifischen Besitzverhältnisse und der damit verbundenen Umstände eine besondere Herausforderung darstellen. Dies zu leisten zählt zu den Aufgaben der Provenienzforschung. Fehlende und ungenaue Angaben verursachen gerade in Fällen strittiger Eigentumsfragen Schwierigkeiten, wenn ehemalige Eigentümer*innen oder deren Erb*innen versuchen nachzuweisen, dass eine ´Schenkung` oder ein ´Verkauf` unter Zwang stattgefunden hat und damit wie bei einer Beschlagnahmung oder Enteignung eine Rückgabe oder eine andere gerechte und faire Entschädigung im Sinne der Washingtoner Prinzipien von 1998 zu erfolgen hat.“ Es gebe keine einheitliche Rechtsvorschrift, die für alle beteiligten Länder gelte, weiß Lehmann,  zwar bestünde mittlerweile innerhalb Europas ein Netzwerk von Restitutionskommissionen, aber viele Unterschiede blieben. „So gibt es in Österreich ein Restitutionsgesetz, wonach die staatlichen Museen beweisen müssen, dass ihr Sammlungsobjekt keine Raubkunst ist. In Deutschland hingegen gibt es ein solches Gesetz nicht, hier wird nach Empfehlungen gehandelt und seit 2003 berät und vermittelt in strittigen Fällen die sogenannte Limbach-Kommission. Das ist die aus ehrenamtlichen Mitgliedern bestehende ´Beratende Kommission im Zusammenhang mit der Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogener Kulturgüter, insbesondere aus jüdischem Besitz`.“
Im Fall der ´Goldenen Adele` mussten relevante Informationen durch Archivrecherchen erst einmal ausfindig gemacht werden, der Fall war aus verschiedenen Gründen kompliziert. „Wie andere Nachkommen auch, lebte die Erbin Maria Altmann wegen der Flucht vor den Nazis in Amerika und damit weit entfernt. In anderen Fällen gibt es mitunter auch Sprachbarrieren. Die Restitution der ´Goldenen Adele` sollte uns vor Augen führen, dass es in Museen ebenso wie in Privatbesitz und im Kunsthandel immer noch unentdeckte Raubkunst gibt.“

Von Alliierten konfiszierte Kunst lagert im Ausland

Nach dem Krieg ist eine Vielzahl an Kunstwerken auch von den Alliierten ins Ausland geschafft worden. Nur allmählich kommt Licht in diese Aktionen. Der Schatz des Priamos, den Heinrich Schliemann dem Museum für Vor- und Frühgeschichte vermachte, lagerte z.B. Jahrzehnte im Depot des Puschkin-Museums und wurde erst 1994 wieder ausgestellt. Eine Rückgabe lehnt Moskau kategorisch ab und sagt noch 2019, dass bis zum Zweiten Weltkrieg das Prinzip gegolten habe, dass dem Sieger zustehe, was ihm in die Hände gerate. „Russland beruft sich auf das Prinzip der Beutekunst, das wir als historisches Phänomen weit zurückverfolgen können“, erklärt Lehmann. „Schon die Trophäen, mit denen Napoleon den Louvre füllte, hatten ihre Vorbilder. Die Alliierten gingen unterschiedlich mit den von ihnen nach Kriegsende beschlagnahmten Kunstwerken um.“ So wurden die nach Amerika überführten Objekte dort ausgestellt und anschließend wieder zurückgegeben. Die in die UdSSR gebrachten Stücke gelangten vorwiegend in das Moskauer Puschkin-Museum und die Leningrader Eremitage, aber auch in weitere Einrichtungen. „Von den in die Sowjetunion verbrachten etwa 2,5 Millionen Kunstwerken kamen 1955–58 ca. 1,5 Millionen in die DDR, 1977/78 folgte weiteres Museumsgut.“ Jedoch bedauert Lehmann, dass unser Kenntnisstand über die restlichen Kunstwerke nach wie vor nicht umfassend sei. „Einzelne verloren geglaubte Werke wurden oder werden in russischen Sammlungen ausgestellt, von anderen Stücken ist durch den Austausch zwischen Wissenschaftler*innen immerhin bekannt, dass sie erhalten sind. Vermutlich lagern noch viele Kunstwerke in den Sonderdepots, die lange geheim gehalten und streng gesichert wurden. Das heißt allerdings nicht, dass alle Objekte in einem guten Zustand sind.“ Seit 2008 befasse sich der Deutsch-Russische Museumsdialog (DRMD) im Rahmen eines Projekts mit der Auswertung der Pack- und Transportlisten sowjetischer Trophäenbrigaden, die über die kriegsbedingt in die Sowjetunion verbrachten und dort verteilten Kulturgüter Auskunft gebe. Dies dürfe mehr Transparenz bringen, auch wenn die noch in Russland befindlichen Kunstwerke voraussichtlich nicht in deutsche Sammlungen zurückkehren würden, so wie es dem internationalen Güter- und Völkerrecht entspreche. „Russland hat mit dem sogenannten Duma-Gesetz 1998 die im Zusammenhang mit dem 2. Weltkrieg beschlagnahmten Kunstwerke zu seinem Eigentum erklärt und gibt als Zweck die Kompensation seiner durch deutsche Zerstörungen kriegsbedingten Verluste an. Politisch gibt es diesbezüglich keinen Konsens, die Bundesrepublik Deutschland erkennt diese Position nicht an. Auf wissenschaftlicher Ebene wird versucht, unabhängig von den politischen und juristischen Uneinigkeiten international zusammenzuarbeiten, zu rekonstruieren, welche Objekte noch existieren, wo und in welchem Zustand. Die Forschung berücksichtigt auch die Kulturgutverluste, die russische Museen durch Abtransporte und Zerstörungen erlitten und die mit den Plünderungen im Zuge der Verwüstung zahlreicher Kirchen, Klöster und Schlösser einhergingen. Wenn möglich werden Objekte gemeinsam erforscht und wieder zugänglich gemacht, was bedeutet, dass sie in Russland ausgestellt werden, denn in Deutschland würde unser Staat die Kunstwerke als sein Eigentum beschlagnahmen. Diese Forschungsarbeit, zu der noch im letzten Jahr eine umfangreiche Publikation erschienen ist, geht leider nicht einher mit einem barrierefreien Zugang zu den entsprechenden Akten, die im Russischen Staatsarchiv für Literatur und Kunst eingesehen werden müssten.“ Wie Kooperationen unter den sich aktuell verändernden Rahmenbedingungen des russischen Einmarschs in die Ukraine aufrechterhalten oder sich neu anbahnen ließen, dazu könne sie keine Aussage treffen.

Der Schatz des Priamos

„Was den Schatz des Priamos angeht, so hat sich schon Schliemann mit dessen heimlicher Bergung und der Unterschlagung des vertraglich vereinbarten Fundanteils, nicht fair und gerecht verhalten“, erklärt die Wissenschaftlerin.  Deswegen habe sich Schliemann auch in einem Prozess verantworten und die türkische Regierung, der er ihre Hälfte vorenthielt, finanziell entschädigen müssen. Eine Rückgabe des Schatzes an Deutschland wäre zudem nicht unproblematisch. „Käme der Schatz zurück nach Berlin, so wären die Umstände des zu Gunsten Schliemanns geschlossenen Vergleichs vermutlich Gegenstand neuer Diskussionen. Aber ich erwarte nicht, dass das Museum für Vor- und Frühgeschichte in Berlin die kostbaren Goldobjekte und den Schmuck zurückerhält, auch wenn diese Forderung aufrechterhalten wird. Worüber wir uns stattdessen freuen könnten ist, dass zahlreiche andere Fundstücke der Troja-Grabung zurückgegeben wurden und sogar Silbergefäße aus dem sogenannten Schatz, zu denen spannende Forschungsergebnisse vorliegen. Auch diesbezüglich setzen die Wissenschaftler auf internationale Zusammenarbeit.“

Auch das Von der Heydt-Museum in Wuppertal beklagt Kriegsverluste

Auch in Wuppertal wurde ab Juni 1943 ein großer Teil der wertvollen Kunstgegenstände aus dem Städtischen Museum Elberfeld in den Auslagerungsort der Festung Ehrenbreitstein in Koblenz evakuiert. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden 34 Objekte, davon 10 Gemälde sowie 24 Kleinplastiken und Skulpturen als Verluste am Auslagerungsort vermerkt. Die Werke sind mutmaßlich gestohlen worden und gelten bis heute als verschollen. Die Suche danach geht jedoch weiter.
„Als gestohlen gemeldete Kunstwerke sind im ´Art Lost Register` recherchierbar, einer kostenpflichtigen Online-Datenbank, die zurzeit etwa 700.000 vermisste Objekte dokumentiert“, weiß Lehmann.  Dort seien Gemälde ebenso erfasst wie Antiken, Schmuck, Uhren und auch Raubkunst. „Das ´Art Loss Register` prüft in Kooperation mit Beteiligten des Kunstmarkts Objekte, die in den Handel eingebracht werden sollen. Wenn also eines der vermissten Objekte über einen Nachlass verkauft werden soll und beispielsweise für eine Auktion oder Messe oder bei einem Pfandleiher eingeliefert wird, dann lässt sich auf diesem Weg checken, ob das Werk dort erfasst ist. Mit Hilfe dieser Prüfung wurde auch schon museale Raubkunst wiederentdeckt.“ Speziell für Such- und Fundmeldungen von Raubkunst gebe es zudem die frei zugängliche Lost-Art Datenbank, die auf der Seite ´Deutsches Zentrum Kulturgutverluste` Provenienzrecherchen ermögliche. Auch die Homepage der Kulturverwaltung des Bundes biete zu Informationen einen bequemen Zugang. Die Provenienzdatenbank Bund enthalte den Restbestand der Kunstwerke und Kunstgewerbeobjekte, die dem Central Collecting Point München zugeordnet wurden. „Das war die nach Kriegsende 1945 von den amerikanischen Alliierten eingerichtete Sammelstelle für Raubkunst im ehemaligen NSDAP-Parteigebäude, wo die Objekte zum Zweck der Restitution inventarisiert wurden. In dieser Datenbank sind noch erhaltene Werke dokumentiert, die nicht zurückgegeben werden konnten, weil ihre Provenienz während der NS-Zeit bisher nicht geklärt werden konnte.“ Die Datensätze würden dort immer aktualisiert, wenn es neue Hinweise gebe.
Eines der verschollenen/gestohlenen Werke aus Wuppertal ist das zwischen 1860/69 entstandene Gemälde mit dem Titel ´Landschaft` von Jean-Baptiste Camille Corot, eine Schenkung des Museumsvereins Elberfeld, dessen Verbleib seit 1945 unbekannt ist. Es existiert noch ein Foto des Bildes in einem digitalisierten Auktionskatalog. Mit der zunehmenden Digitalisierung sieht Lehmann neue Möglichkeiten, verloren geglaubte Werke wiederzufinden. „Es gibt die Möglichkeit der Rückwärts-Bildsuche etwa über TinEye. Das bedeutet, Sie können Ihre Bilddatei hochladen und mit der Suchmaschine das Internet nach vergleichbaren Treffern absuchen lassen. Wenn das Gemälde noch existiert, dann kann es gut sein, dass früher oder später jemand ein Foto davon macht und es im Internet z.B. auf einer Museumsseite oder bei Facebook zeigt. In diesem Fall bietet der Treffer einen Hinweis auf die Herkunft der anderen Bilddatei. Es ist in jedem Fall eine enorme Hilfe, dass ein solches Foto existiert, denn Corot hat viele Landschaften gemalt. Für eine Identifizierung böte ein wenig aussagekräftiger Titel wie ´Landschaft` keine geeignete Basis.“

In der Art wie polizeiliche Cold-Case-Ermittlungen suchen Wissenschaftler*innen der ganzen Welt nach verloren geglaubten Kunstschätzen und überraschen immer wieder mit spektakulären Funden. Ob dem Bernsteinzimmer ein solches Glück noch zuteilwird, bleibt abzuwarten.

Uwe Blass (Gespräch vom 10.03.2022)

Dr. Doris H. Lehmann ist gelernte Fotografin und studierte Kunstgeschichte, Klassische Archäologie, Provinzialrömische Archäologie und Lateinische Philologie an der Universität zu Köln und wurde 2005 ebenda promoviert. 2018 habilitierte sie sich an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn mit einer Arbeit zu den Streitstrategien bildender Künstler in der Neuzeit und ist seitdem Privatdozentin. Seit Oktober 2018 lehrt sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin Kunstgeschichte an der Bergischen Universität.

 

 

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