Transfergespräch spezial:

Prof. Dr.-Ing. Fabian Hemmert und das Fach Interface und User Experience-Design.

Prof. Dr.-Ing. Fabian Hemmert / Interface und User Experience-Design
Foto: UniService Transfer

„Als kleiner Junge wollte ich eigentlich Zauberer werden“

„Als ich ein kleiner Junge war, wollte ich eigentlich Zauberer werden. Was mich am Zaubererjob faszinierte war, das Unmögliche möglich zu machen“, sagt Professor Dr.- Ing. Fabian Hemmert, der seit April 2016 im Bereich Industrial-Design das Fach Interface und User Experience-Design leitet.

Komplizierte Technik einfach bedienen

„Wir versuchen, Technik bedienbarer zu machen“ erläutert der 36-Jährige, denn Systeme werden immer komplizierter, „wir Menschen werden aber nicht im gleichen Tempo schlauer“. Hier setzen gutes Interface- und User Experience-Design an: Es ist der Anspruch, die sich stetig entwickelnde Technik für Nutzerinnen und Nutzer einfach und intuitiv bedienbar zu machen. Für Hemmert spielt dabei die Haptik, also der Tastsinn, eine ganz wesentliche Rolle. Daher beschäftigt er sich auch mit der Rolle des menschlichen Körpers in den Interaktionen mit der digitalen Welt. „Digitale Inhalte sind ja für uns Menschen oft wie Seifenblasen“, erklärt er, „wir wissen, was Seifenblasen sind, aber anfassen können wir sie nicht. So ist es auch mit dem Digitalen. Wir wissen, dass es sich dabei um Nullen und Einsen handelt, aber fühlen können wir das Digitale nicht. Hier gehen uns deshalb leider Sinnlichkeit und haptische Reichhaltigkeit verloren.“ Hemmert macht es an seiner eigenen Person fest und sagt: „Wenn ich den ganzen Tag in der digitalen Welt gearbeitet habe, dann muss ich abends ins Fitnessstudio gehen, weil ich geistig überfordert und körperlich unterfordert bin.“ Dieses Ungleichgewicht ist ihm immer wieder Ansporn, digitale Inhalte für uns Menschen sinnlich erlebbarer zu machen.

Eine neue Art der Präsentation

Das Projekt „Data Touch“ bietet dafür ein gutes Beispiel. Ein Ring am Finger erkennt Objekte, die ein Moderator in die Hand nimmt – und damit seinen Vortrag lenkt. „Wir haben versucht, eine Präsentation dadurch zu steuern, dass der Redner Objekte in die Hand nimmt, die sinnbildlich für Präsentationsinhalte stehen. Der Computer springt dann automatisch an die richtige Stelle in der Präsentation, für die das Objekt steht. Man muss nicht mehr auf einer Fernbedienung x-mal vorwärts drücken.“

Für den gebürtigen Gütersloher sind die heutigen Power Point-Fernbedienungen vergleichbar mit der Dia-Projektor-Fernbedienung seiner Eltern, nur ohne Kabel. Die Art der Präsentation habe sich seit den 1970er-Jahren nicht verändert – merkt der Wissenschaftler an, „ich finde, das sollte sich irgendwann mal ändern.“

Mensch bleiben

Dabei ist ihm das „Mensch bleiben“ ein wesentlicher Anspruch. Eine seiner Horrorvisionen wäre die Entwicklung des Menschen zu einem „Darth Vader“-Exemplar, in dem die Maschine über den Menschen gesiegt hat. Dazu sagt der Science-Fiction-Fan: „Uns darf nicht passieren, was Darth Vader passiert ist: Eine Mischung aus Mensch und Maschine zu werden, die ohne den Maschinenteil nicht überleben wird.“ Versöhnlich stimmt ihn das Ende der Saga, denn „eigentlich ist das Happy End am Ende von Star Wars, dass die menschliche Seite in Darth Vader siegt. Er nimmt die Maske ab, er opfert sich für seinen Sohn und er stirbt. Das alles sind menschliche Dinge, die eine Maschine nicht tun würde.“

Vortrag auf der Gamescom

Der Wuppertaler Wissenschaftler ist auch ein gerngesehener Gastredner auf diversen Events. Ende August hielt er auf einer der weltweit größten Spielemessen, der Gamescom in Köln, einen Vortrag über „Digital-Physical Play“. Dazu sagt er: „Wenn wir in den Bereich der Computerspiele schauen, ist es ganz interessant: Lange Zeit kursierten hier Visionen von Menschen, die in die digitale Welt hineinspringen. In den 90ern gab es in Filmen häufig Bilder, in denen Leute in den Fernseher gesogen wurden.“ Hemmert sieht jedoch ein wesentlich höheres Potential in Spielen, die Digitales mit Physischem mischen. „Ich bin beispielsweise ein großer Fan von Geocaching. Zwar muss ich hier mit meinem Handy in der Hand navigieren, doch gibt es glücklicherweise keine App, die für mich auf einen Baum klettert um eine Tupperdose zu suchen. Das finde ich viel besser als Pokémon Go, das fast nur auf einem Bildschirm stattfindet – wir sollten uns viel häufiger die Hände schmutzig machen müssen.“

Low tech solutions for high tech problems

Hemmert macht Forschung durch Design und erstellt Prototypen, die einfach zu bedienen sind. „Man versucht Forschung und Design zusammen zu denken. Das kann erst mal kompliziert sein, weil ja Forschung oft als etwas sehr Nüchternes betrachtet wird“, aber „wir bauen heute Dinge, die es vielleicht übermorgen einmal geben könnte. Wir drücken sie heute schon den Menschen in die Hand und fragen, ist das eine Zukunft, die sie sich wünschen, oder nicht? Das ist Forschung durch Design.“

Und die Ergebnisse können sich sehen lassen. In jedem Semester gibt es eine große Ausstellung, die für jeden interessierten Bürger zugänglich ist, der sogenannte „id showcase“. Dazu sagt Hemmert stolz: „Ganz wichtig bei uns ist, das wir nicht nur in unserem stillen Kämmerlein an unseren Ideen arbeiten, sondern das wir mit möglichst vielen Leuten, die idealerweise wenig davon wissen, darüber reden können. Und deswegen machen wir einmal im Semester eine große öffentliche Veranstaltung. Da können alle kommen, Alumni, Externe. Und die schauen sich an, was unsere Studierenden in diesem Semester alles geleistet haben. Der „id showcase“ ist eine ganz tolle Veranstaltung.“

An der Bergischen Universität schätzt Hemmert den Freiraum, den er für die Entwicklung kreativer Ideen braucht sowie die Offenheit seiner interdisziplinär arbeitenden Kolleginnen und Kollegen.

Der kleine Zauberer hatte als Kind auch einen Plan B. Er wollte Entdecker werden. „Beides einzeln hat nicht funktioniert,“ lacht er, „ich bin kein Zauberer und auch kein Entdecker. Aber Designforscher ist tatsächlich eine ganz gute Mischung aus beidem, weil wir Dinge bauen, die es noch nicht gibt und so Neues entdecken.“

Die Frage, wie könnten wir zukünftig mit Technik umgehen, bleibt daher spannend.

Uwe Blass (Gespräch vom 06.09.2018)

Prof. Dr.-Ing Fabian Hemmert studierte Mediengestaltung und Interface-Design in Bielefeld und Potsdam. Er promovierte in Berlin. Seit 2016 ist er Professor für Interface- und User Experience-Design an der Bergischen Universität Wuppertal.

 



Vortrag auf der WELCOME WEEK von Prof. Dr.-Ing. Fabian Hemmert

Weitere Infos über #UniWuppertal: