Dr. Agnes Bryan / Sprachlehrinstitut (SLI)
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Sprache hat was mit Sprechen zu tun… und zwar mit Menschen.

Die Leiterin des Sprachlehrinstituts (SLI) Dr. Agnes Bryan und die Angebotsvielfalt für Studierende, Wissenschaftler und Bürger des Bergischen Landes

I bims. Schon mal gehört? Dabei handelt es sich um das Jugendwort 2017. Es ist die Verballhornung von „ich bin´s“ in der sogenannten Vong-Sprache. Wie erklärt man solche Wortveränderungen einem ausländischen Studierenden, der das Sprachlehrinstitut besucht? Dr. Agnes Bryan, die Leiterin der Zentralen Einrichtung der Bergischen Universität hat dazu sofort eine Idee: „Man muss die Wortspiele immer mit dem Kontext erklären, sucht vielleicht verschiedene Beispiele in der Fremdsprache der anderen Kultur und überträgt sie in unsere. Man kann das nie eins zu eins übersetzen.“

Das Sprachlehrinstitut ist eine Einrichtung mit vielfachen Aufgaben. Neben dem Angebot von insgesamt 10 Fremdsprachen, die auch über das Gasthörerprogramm von Bürgerinnen und Bürgern gebucht werden können, bereiten die Mitarbeiter u.a. auch auf internationale Zertifikate (TOEFL oder TOEIC) * vor.

Fremdsprachen lernen nur für Leistungspunkte, ist Lernen ohne Engagement

Englisch ist nach wie vor die meistgebuchte Sprache. Dazu Bryan: „Egal in welchem Kontext man heute arbeitet, Englisch wird unbedingt gebraucht.“ Aber auch Spanisch hat sich nach der Jahrtausendwende immer mehr durchgesetzt und den Rangzweiten -Französisch- verdrängt. Wer allerdings auf einem guten Niveau eine Sprache beherrschen will, betont die Sprachforscherin, der sollte allerdings schon mehrere Kurse besuchen. „Man muss wirklich zwei Gruppen von Lernenden unterscheiden. Die einen wollen die Sprache wirklich lernen und bleiben dabei. Und dann gibt es immer die Studierenden, denen es nur um die Leistungspunkte geht. Und die kommen oftmals und belegen dann verschiedene Fremdsprachen auf Anfängerniveau, weil sie vielleicht bis zu 20 Leistungspunkte dafür bekommen. Dann können sie alle Sprachen eigentlich überhaupt nicht, sondern haben lediglich Grundkenntnisse erworben und können an Kommunikation nicht teilnehmen.“

Ca. 110 bis 120 Stunden incl. Präsenzzeiten, Vor- und Nacharbeitung sind nötig, um eine nächsthöhere Niveaustufe, z.B. von A1 auf A2 (Grundlegende Kenntnisse) oder von A2 auf B1 (Fortgeschrittene Sprachverwendung) zu erreichen. „Das ist arbeitsintensiv“, sagt die studierte Anglistin, „wird aber gut angenommen.“

Quereinsteiger genau so gut wie Lehrämtler

Ihre Dozenten sucht Agnes Bryan sehr sorgfältig aus. Idealerweise verfügen die Bewerber über ein abgeschlossenes Studium in der jeweiligen Sprache oder eine vergleichbare Berufsqualifikation. Doch auch Quereinsteiger, die lange im Ausland waren und darüber entsprechende Qualifikationen mitbringen, haben eine Chance, denn, „wichtig ist, ob die Dozenten sich mit den Teilnehmern gut verstehen und gut vermitteln können. Sie müssen den Bezug zur Gruppe aufbauen und Spaß an der Kultur sowie an der Vermittlung haben. Und da sind manche Quereinsteiger genau so gut wie Lehrämtler.“

Sprachen lernen, heißt sich trauen

Wer sich noch unsicher ist, an einem Sprachkurs teilzunehmen, dem sei der sogenannte C-Test** ans Herz gelegt, mit dem man seine eigene Sprachbegabung im Vorfeld online checken kann. Bryan animiert jedoch jeden Interessenten, sich zu trauen, denn: „Meine Unterrichtsphilosophie lautet: Man muss die Sprache erst einmal überhaupt anwenden. Um die Grammatik und den Wortschatz kümmern sich dann die Dozenten.“

Die Lernfreude bescheinigt die sympathische Wissenschaftlerin vor allem den Frauen. „Ich kann das gar nicht erklären, aber die Damen sind engagierter.“

In Zukunft möchte sie auch das Gasthörerprogramm stärker bewerben. Den Mehrwert sieht sie dabei in den unterschiedlichen Sichtweisen der jeweiligen Kursteilnehmerinnen und -teilnehmer. „Der Austausch ist interessant. Für die Externen, denn die erleben Studierende, und umgekehrt erleben Studierende die Sichtweisen von Außenstehenden.“ Bryan weiß, dass das SLI qualitativ hochwertige Sprachkurse anbietet und könnte bei einem größeren Kursangebot auch weitere Schwerpunkte setzen.

Online-Kursangebote können die persönliche Sprachvermittlung nicht ersetzen

Auf die Frage nach der Einführung von Online-Kursen antwortet sie allerdings zurückhaltend und kann dies auch begründen. „Digitalisierung ist ein wichtiges Thema -das wissen wir ja auch-, aber da bin ich beim Sprachen lernen noch ein bisschen konservativ. Sprache lernen hat immer was mit Sprechen zu tun.“ Zwar arbeitet das SLI auch mit den Lernplattformen Moodle und Mahara, aber „die Selbstdisziplin beim Sprachen lernen“, sagt die Dozentin, „ist sehr beschränkt.“ Im Englischen gibt es für diese Lernhaltung vieler Studierender den Begriff `Spoon-feeding´, mit dem Löffel füttern. Die Lerner, das ist die Erfahrung, lassen sich gerne etwas vorsetzen und werden nur unter Druck aktiv. Das zeigt sich darin, dass Kurse nicht belegt werden, weil Studierende oft der Fehleinschätzung unterliegen, ein häufiger Austausch von englischer Sprache über Medien, bedürfe keines Sprachkurses. Andere verzichten auf Präsenzphasen in einem Sprachenzentrum zugunsten von Online-Modulen und selbst festgelegter Online-Kurszeiten. Das kann man machen und Dr. Bryan sieht in den Online-Angeboten auch einen Sinn, wenn „ich ein System brauche, in dem ich z.B. strukturiert Vokabeln lerne, Grammatik wiederhole, meine Kenntnisse, die ich vielleicht an einer anderen Stelle erworben habe, festigen möchte.“ Aber für die engagierte Leiterin stellt sich immer dann auch die Frage „Was kann ich hinterher? Brauche ich nicht hinterher doch noch diese Face-to-Face-Kommunikation. Einen Menschen, mit dem ich spreche! Das ist eigentlich mein Motto: Sprache hat was mit Sprechen zu tun und zwar mit Menschen. Deswegen würde ich die Präsenzphasen immer stärker gewichten, ihnen immer den Vorzug geben und sagen: Digitale Module ergänzen und unterstützen. Aber sie können den Sprachunterricht und die persönliche Sprachvermittlung nicht ersetzen.“

Internationalisierung kann nur in Zusammenarbeit gelingen

Das SLI trägt sicher seinen Beitrag zur Internationalisierung bei, doch Bryan sieht einen flächendeckenden Erfolg nur dann, wenn die Vernetzung funktioniert.

„Bei der Vernetzung sollten die verschiedenen Akteure an einem Tisch zusammenkommen“.

Zwar arbeitet das SLI mit verschiedenen Partnern, wie z.B. dem Akademischen Auslandsamt gut zusammen, „aber manchmal habe ich den Eindruck“, sagt Bryan, „dass die Fakultäten zu sehr mit ihrem Fach beschäftigt sind. Sie haben dann vielleicht Auslandskooperationen und wissen zum Teil gar nicht, dass es ein SLI gibt.“ Dr. Bryan weiß von den fremdsprachigen Studiengängen, in denen man z.B. ohne Deutschkenntnisse in Wuppertal studieren kann und unterstreicht: „Es muss klar sein, Sprachkenntnisse sind wichtig und wir haben Studierende, die das auch brauchen. Und dazu gibt es das Sprachlehrinstitut, wo sie Deutsch lernen können.“

Knigge, Bewerbungen und Verhandlungen im Ausland sind anders

Neben den herkömmlichen Themen Alltagskommunikation, Vermittlung von Kultur und Landeskunde gibt es natürlich auch noch einige andere Sprachschwerpunkte. Bryan bietet u.a. Kurse für technisches Englisch (Technical English), Geschäftsenglisch (Business English) oder die auf sechs Module angelegte Kurzkursreihe „English@Work“. „Die ist kürzer als alle anderen Reihen, weil spezielle Skills vermittelt werden“, sagt sie und nennt als Beispiele die Themen Business und Kultur, Teammeetings, Verhandlungspraktiken und den großen Bereich der Internationalisierung. Fragestellungen wie: 'Wie verhalte ich mich?', 'Wie präsentiere ich?' oder 'Was sage ich in welchen Kontexten?' sowie Kenntnisse über beispielsweise asiatische oder südamerikanische Mentalitäten werden ebenso behandelt, wie der Knigge beim Smalltalk oder das Verhalten bei Geschäftsessen.

Auch weiter qualifizierende Maßnahmen haben im Sprachlehrinstitut ihren Raum und könnten für Außenstehende geöffnet werden. So beschäftigt sich ein Modul mit den Bewerbungspraktiken im englischsprachigen Raum. Dabei stellen die Kursteilnehmer schnell fest, dass englische Bewerbungen ganz andere Schwerpunkte haben. Reduziert auf die beiden aussagekräftigen Formate Anschreiben und Lebenslauf, verzichten diese z.B. weitgehend auf dicke Zeugnis- und Zertifikatsmappen. Auch der Kurs „Meetings and Negotiations“ (Besprechungen und Verhandlungen) könnte ein interessanter Anreiz für Bergische Unternehmen darstellen. Allein das richtige Verhandlungsverhalten in Gegenwart eines Projektpartners mit einem anderen kulturellen Hintergrund kann über Erfolg oder Misserfolg entscheidend sein.

Matchmaking oder Lernen im Tandem

Dass das Sprachlehrinstitut in Bezug auf neue Lernkonzepte auch erfindungsreich sein kann, beweist das Angebot „Lernen im Tandem“, welches erfolgreich bei asiatischen Sprachen angenommen wird. „Tandem heißt, es treffen sich regelmäßig Muttersprachler von zwei Sprachen, also z. B. Deutsch und Chinesisch zwei Mal die Woche. Dann wird im Wechsel immer einmal die Muttersprache, einmal die andere Sprache verwendet, also eine Stunde nur Chinesisch, die andere Stunde nur Deutsch.“ Gelernt werden dabei die kommunikativen Fähigkeiten in der Fremdsprache. Die Zusammenstellung der Sprachpartner erfolgt über das SLI. „Matchmaking“ nennen das die Fachleute und pflegen damit eine andere Form der Partnerbörse. Die Treffen finden ungezwungen an selbstgewählten Orten statt. Und wenn doch einmal Hilfe von Nöten ist, kann ein Dozent zu festen Zeiten an der Universität mit Themenvorschlägen, über die man reden kann, aushelfen.

Das Sprachangebot des SLI kann Bryan übrigens, und das hat sie in der Vergangenheit bewiesen, jederzeit erweitern. Dazu sagt sie abschließend: „Ich weiß wo man suchen muss, ich weiß wo man Dozenten herbekommt und ich weiß, wie man einen Kurs -auch wenn ich die Sprache nicht spreche- aufbauen muss. Das ist etwas, das bringt die Erfahrung und die Qualifikation mit sich.“

Und auch dafür gibt es ein Jugendwort: isso***


Uwe Blass (Gespräch vom 08.03.2018)



* (TOEFL) Test of English as a Foreign Language

(TOEIC) Test of English for International Communication

** Ein C-Test ist ein schriftlicher Lückentext zur Feststellung der allgemeinen Sprachbeherrschung.

*** „(es) ist so“, Zustimmung, Bekräftigung


Dr. Agnes Bryan studierte Anglistik und Vergleichende Sprachwissenschaften an der Eberhard-Karls-Universität in Tübingen. Danach arbeitete Sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Englischen Seminar der Philosophischen Fakultät in Tübingen und kam 1997 als stellvertretende Leiterin des AVMZ (Audiovisuelles Medienzentrum) an die Bergische Universität. 2003 übernahm sie die Leitung des neugegründeten Sprachlehrinstituts.

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