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Interdisziplinär

Neues Zentrum an der Bergischen Universität erforscht Rolle der Identität beim sprachlichen Lernen

14.05.2025|12:25 Uhr

Mit dem neu gegründeten „Interdisziplinären Zentrum Sprachliches Lehren und Lernen“ (IZSLL) erweitert die Bergische Universität Wuppertal die Perspektive auf Sprache und ihren Erwerb: Im Fokus steht nicht nur das Lernen von Wortschatz und Grammatik – erforscht wird unter anderem inwiefern soziale, sprachliche und akademische Identitäten im Sprachunterricht zum Tragen kommen und welche Bedeutung Lehrkräfte in diesem Prozess einnehmen.

Das neue Interdisziplinäre Zentrum Sprachliches Lehren und Lernen stellt sich vor dem Hintergrund gesellschaftlicher und technologischer Entwicklungen den Fragen von Identität und Sprache. // Foto Colourbox

Ob im Klassenzimmer, in der Familie oder im Freundeskreis – überall werden durch Sprache Identitäten ausgehandelt und Zugehörigkeiten erlebt. Wie passen diese individuellen Erfahrungen von Kindern und Jugendlichen zu dem, wie sie in der Schule in ihrer Rolle als Lernende wahrgenommen werden? Und wie beeinflussen diese Erfahrungen ihre Bildungsbiografien?

Indem es Wissenschaftler*innen zusammenbringt, die sich in ihrer Arbeit mit unterschiedlichen Sprachen, dem sprachlichen Lehren und Lernen und der Lehrkräftebildung beschäftigen, möchte das IZSLL zu einem besseren Verständnis des Zusammenspiels von Sprache, sprachlichem Lernen und Identitätskonstruktionen beitragen. Daraus sollen unter anderem lernförderliche Bedingungen abgeleitet werden, die sich positiv auf die Bildungsteilhabe auswirken.

Identitätsarbeit

Sprachenlernen in der Schule beinhaltet nicht nur das Einüben sprachlicher Fähigkeiten wie Sprechen und Schreiben, sondern auch die Entwicklung (oder Ablehnung) akademischer Identitäten. „Wenn Kinder Texte schreiben, komplizierte Fachbegriffe erklären oder eine Fremdsprache sprechen, konstruieren sie dabei gleichzeitig eine bestimmte Identität – zum Beispiel als Gesprächsteilnehmende oder Autor*in, der*die etwas zu sagen hat“, erklärt Prof. Dr. Vivien Heller. Die Professorin für germanistische Sprachdidaktik an der Bergischen Universität steht dem neuen Zentrum gemeinsam mit ihrem Kollegen Prof. Dr. David Gerlach aus der Englischdidaktik vor.

Wie junge Menschen die damit verknüpften Lernprozesse meistern, hängt von zahlreichen Faktoren ab. Unter anderem stark von der Art und Weise, welche Entwicklungs- und Lernpotenziale Lehrende ihnen zuschreiben und wie diese selbst ihre Identität als Sprachlehrende konzipieren. Entsprechend widmet sich das neue Zentrum an der Bergischen Universität auch der Erforschung von Lehrkräften als zentrale Weggefährt*innen für die Lernenden.

„Wenn wir Sprach(en)erwerb als Beitrag zur Persönlichkeits­entwicklung betrachten, braucht es Lehrkräfte, die um diese wichtige Funktion wissen und das Sprachenlehren als Identitätsarbeit ernst nehmen“, erklärt Professionsforscher David Gerlach. Letztlich, so die Vermutung, führe das auch dazu, heterogene Klassen als Bereicherung zu begreifen.

Womit sich das neue IZ beschäftigt

Sprachliche Identitäten sichtbar machen: Wie handeln Lernende und Lehrende aus unterschiedlichen sozialen Milieus in unterschiedlichen Umgebungen – vom Deutsch- und Englischunterricht bis zum Auslandssemester auf Französisch oder Spanisch – soziale, sprachliche und akademische Identitäten aus?

Mehrsprachigkeit: Wie werden mehrsprachige Identitäten in der Schule dargestellt und wertgeschätzt? Wie wirkt sich das jeweils auf den Lernerfolg aus?

Praxisnahe Lehrkräftebildung: Wie können zukünftige Lehrkräfte schon im Studium, im Auslands­praktikum und im Referendariat lernen, die Identitätskonstruktion ihrer zukünftigen Schüler*innen aktiv zu unterstützen?

„Indem wir besser verstehen, wie Identitäten im Sprachunterricht entstehen, können wir Ansätze für den Unterricht entwickeln, die wirklich motivieren – statt einzuschüchtern“, resümiert David Gerlach.

Gesellschaftlicher und technologischer Kontext

„Gemeinsam wollen wir den Blick auch auf große Trends richten“, betont Vivien Heller. Wie verändert sich beispielsweise das Bild von Mehrsprachigkeit, wenn Smartphones und Künstliche Intelligenz mitreden? Welchen Einfluss nehmen automatische Übersetzungs- und Text­generierungs­programme auf das Sprachen lehren und lernen? Was macht das in Zukunft mit Englisch als weltweiter Verkehrs­sprache?

Das IZSLL hat in diesem Jahr seine Arbeit aufgenommen. Ihm gehören rund 25 Forschende der Bergischen Universität an.

Mehr Hintergrund: Interdisziplinäre Zentren an der Bergischen Universität

Kreative und innovative Forschung aktiv gestalten – diese Möglichkeit bietet die Bergische Universität ihren Forschenden auch auf interdisziplinärer Ebene. In den Interdisziplinären Zentren haben unterschiedliche Fachdisziplinen die Möglichkeit, Fragestellungen an einem Ort zusammen zu bearbeiten, Wissen zu generieren und damit Antworten auf aktuelle und zukünftige Herausforderungen unserer Gesellschaft zu finden.

Eine Übersicht zu den weiteren Interdisziplinären Zentren und ihren Themen findet sich auf der Webseite Forschung.