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Über Forschungsergebnisse reden

Natürliche Wirkstoffe aus brasilianischen Pflanzen für eine nachhaltige Kosmetik von morgen: Uni lädt zum internationalen Workshop ein

06.06.2025|12:10 Uhr

Wie können traditionelle Heilpflanzen aus Brasilien zu nachhaltigen Kosmetikprodukten werden? Und was hat eine Frauencommunity im brasilianischen Cerrado damit zu tun? Diese und viele weitere spannende Fragen stehen im Mittelpunkt eines öffentlichen internationalen Workshops am Montag, 30. Juni, an der Bergischen Universität Wuppertal, zu dem Interessierte herzlich eingeladen sind.

Wissenschaftler*innen des Projekts "NativePlantInno" auf dem Versuchsfeld im brasilianischen Cerrado. // Foto Bergische Universität/Jörg Rinklebe

Der Workshop ist Teil des Projekts „NativePlantInno“, das ökologische Forschung, soziale Verantwortung und wirtschaftliche Innovation verbindet: Ein brasilianisch-deutsches Konsortium von Expert*innen der Universidade Federal de Goiás (UFG), der Universidade Federal de São Paulo (UNIFESP), der Bergischen Universität Wuppertal und der Freien Universität Berlin arbeitet gemeinsam mit dem brasilianischen Kosmetikunternehmen Livealoe an der Entwicklung neuer Naturprodukte.

Im Zentrum steht die Nutzung traditioneller Pflanzenkenntnisse einer indigenen Frauencommunity im brasilianischen Cerrado, deren Lebensbedingungen durch die Projektpartnerschaft konkret verbessert werden sollen. „Ziel ist, dass die Frauen die Heilpflanzen, die sie anbauen, auch vermarkten, wodurch sich ihre Einnahmen und Möglichkeiten erhöhen“, berichtet Jörg Rinklebe. Der Professor für Boden- und Grundwassermanagement an der Bergischen Uni leitet das Projekt.

Auf einen Blick: Termin und Ort

Internationaler Workshop zum Projekt NativePlantInno am Montag, 30. Juni 2025 am Campus Haspel der Bergischen Universität Wuppertal, Hörsaal HC.00.20, Pauluskirchstraße 7, 42285 Wuppertal. Beginn: 9.30 Uhr.

Der Eintritt ist frei, eine Anmeldung ist nicht erforderlich. Der Workshop findet in hybrider Form und auf Englisch statt.

Weitere Informationen bietet die Webseite zum Workshop.

Partner für die Erforschung nachhaltiger Kosmetik ist das Unternehmen Livealoe. // Foto Bergische Universität/Jörg Rinklebe

Ein besonderes Highlight: Der Workshop beginnt mit einer Vormittagssession, die sich explizit an Anwender*innen sowie die interessierte Öffentlichkeit richtet und Eindrücke aus dem brasilianischen Cerrado liefert. In Vorträgen, u. a. von Vertreterinnen der Frauencommunity vor Ort und den beteiligten Forschenden, wird erklärt, wie sich das Wissen um die Wirksamkeit traditioneller Pflanzen wissenschaftlich belegen lässt und wie daraus marktreife, allergenarme Kosmetikprodukte wie etwa eine Heilsalbe mit Sonnenschutz entstehen können. Besucher*innen erhalten zudem die Möglichkeit, ein mobiles Labor mit modernster Analytik-Technik zu besichtigen.

Diese Möglichkeit besteht auch am Nachmittag. Dann richtet sich das weitere Programm an ein wissenschaftliches Fachpublikum. Zahlreiche Präsentationen – teils vor Ort, teils virtuell aus Brasilien – beleuchten Themen wie Spurenelemente in Böden, bioaktive Pflanzenstoffe oder nachhaltige Agroforstsysteme. Diskutiert werden auch die weiteren Chancen der Kultivierung brasilianischer Pflanzen in deutschen Böden (siehe dazu auch den ausführlichen Infokasten zum Forschungsprojekt) sowie die regulatorischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für eine europäische Markteinführung.

Mehr Hintergrund zum Forschungsprojekt „NativePlantImmo“

Im Projekt „NativePlantImmo“ haben die Wissenschaftler*innen traditionelle Wund- und Heilpflanzen aus Brasilien genauer untersucht. Dass die Pflanzen wirken, basierte bislang auf traditionsreichem Wissen, unter anderem der beteiligten Frauencommunity, wissenschaftlich untersucht wurden sie bislang nicht.

Mit Analysen beispielsweise der Standortansprüche für ihr Wachstum bis hin zur Zusammensetzung der in ihnen enthaltenen Spurenelemente sammelten die Projektpartner wissenschaftliche Belege für die Wirkmechanismen der Heilpflanzen. So konnten sie beispielsweise die vorhandenen Konzentrationen von Zink und Selen quantifizieren. Zink ist wundstillend, Selen stärkt das menschliche Immunsystem, kann bei zu hoher Konzentration aber auch giftig sein.

Darüber hinaus unternahmen die Wissenschaftler*innen die ersten Schritte, die Kultivierung der brasilianischen Pflanzen auch in Deutschland zu erproben. Dafür brachte das Lehr- und Forschungsgebiet Boden- und Grundwassermanagement unter der Leitung von Prof. Dr. Jörg Rinklebe Pflanzensamen aus Brasilien mit in das Gewächshaus an die Bergische Universität und kultivierten sie in nordrhein-westfälische Böden– mit Erfolg! Die heilende Wirkung, unter anderem hervorgerufen durch die richtige Zusammensetzung der Spurenelemente, konnte in ähnlicher Ausprägung auch in den hier wachsenden Pflanzen nachgewiesen werden – und das, obwohl sich deutsche Böden in ihrer Zusammensetzung deutlich von den brasilianischen unterscheiden. „In brasilianischen Böden finden wir zum Beispiel viel Eisen und Aluminium, in deutschen Böden Stickstoff, Phosphor und Kalium“, so Prof. Rinklebe. Manche Spurenelemente hemmen die Wirkung anderer, daher ist die Kenntnis ihrer Zusammensetzung in den Pflanzen für das Projekt von großer Bedeutung.

Ein Erfolg sei das, weil man so in der Lage sein könnte, Alternativen zu bereits vorhandenen Wundheilprodukten anbieten zu können. In Europa, so Rinklebe, würden wir also einen Nutzen aus Pflanzen gewinnen, deren Wirkung vorher nicht bekannt war oder nicht genutzt wurde, mit der Idee, gleichwertige oder bessere Wundheilprodukte zu erschaffen als bisher. „Auch wenn es auf dem Markt bereits verschiedene Produkte gibt, erfordern unterschiedliche Formen von Allergien und Unverträglichkeiten eine Auswahlmöglichkeit für betroffene Menschen“, erklärt der Experte.

Das Forschungsprojekt „NativePlantInno” wird von den Bundesministerien für Bildung und Forschung (BMBF) sowie für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) durch die Fachagentur für Nachwachsende Rohstoffe (FNR) gefördert. Die Gesamtdauer beträgt drei Jahre und drei Monate, die Ende 2025 vorüber sind; aktuell bewirbt sich das Projektteam um eine Anschlussförderung.