Newsportal

 

 

Drei Jahre Rektorat im Rückblick

Die Bergische Universität auf Kurs: Ein Gespräch mit Birgitta Wolff

11.11.2025|09:16 Uhr

Seit 2022 leitet Professorin Dr. Birgitta Wolff die Bergische Universität Wuppertal. Zeit für eine Zwischenbilanz. Im Interview spricht sie über wichtige Erfolge, große Herausforderungen, ihre Pläne für die kommenden Jahre und persönliche Eindrücke aus ihrem Alltag an der Uni.

Rektorin Prof. Dr. Birgitta Wolff im Halbzeitinterview: „Immer wieder freut mich, wie viele Menschen an dieser Universität und über sie hinaus bereit sind, sich einzubringen.“ // Foto Friederike von Heyden

Frau Professorin Wolff, Sie sind nun seit drei Jahren Rektorin der Bergischen Universität. Wie blicken Sie auf diese erste Hälfte Ihrer Amtszeit zurück?
Es waren sehr intensive Jahre, mit ganz viel Teamwork. Jahre mit vielen spannenden Projekten und auch einigen großen Herausforderungen. Ich freue mich sehr über das, was wir gemeinsam erreichen konnten. Zugleich bin ich voller Energie für die kommenden Aufgaben.

Was waren aus Ihrer Sicht die größten Meilensteine oder Erfolge in dieser Zeit?
In der Forschung konnten wir sehr große Fortschritte erzielen: Wir haben unser Profil geschärft und vier Aktivitätsfelder zu Emissions- und Ressourcenreduktion (Technology Towards Zero-Waste and Zero-Carbon), Lernen der Zukunft (Next Generation Learning, Teaching, Knowledge Transfer), gesellschaftlichem Wandel (Shaping Sustainable Societal Transformation) und Künstlicher Intelligenz (AI for Empowering the Future) entwickelt, mit denen wir unsere Bestrebungen künftig beschreiben. Mit FORIS haben wir eine neue interne Forschungsförderung etabliert, die sehr gut angenommen wird. Ein besonderer Erfolg ist, dass wir einen DFG-Sonderforschungsbereich als Sprecheruniversität einwerben konnten. Auch die jüngste erfolgreiche Beantragung von gleich vier ERC-Grants – mit denen der Europäische Forschungsrat Exzellenz in der Wissenschaft fördert – zeigt, wie stark unsere Forschenden inzwischen unterwegs sind.

Mit den beiden Nachhaltigkeitsinitiativen Humboldtn und NAW.NRW unternehmen wir gemeinsam mit der Landespolitik und den anderen NRW-Unis in dieser Woche ein großes Experiment: die Zukunftskonferenz NRW. Sie kann auf bislang ungewohnte Weise dazu beitragen, dass wissenschaftliches Know-how noch effektiver für die nachhaltige Transformation in NRW genutzt wird. Das Konzept dafür stammt ganz wesentlich von Manfred Fischedick, Präsident des Wuppertal Instituts, und mir, womit wir auch die Zusammenarbeit mit dem Wuppertal Institut noch einmal intensiviert haben.

Welche Aufgaben haben Sie besonders gefordert?
Die Weiterentwicklung unserer Studienprogramme war und bleibt eine große Aufgabe. Mehrere Fakultäten haben neue, stark auf Nachhaltigkeit fokussierte Studiengänge entwickelt – teilweise auch auf Englisch. Mit der Lehrwerkstatt Nachhaltigkeit konnten wir zudem Lehrende vernetzen, die sich hier besonders engagieren. Daraus erwuchs ein Projekt zur Entwicklung eines neuen disziplinübergreifenden Studiengangs. Die Ausweitung der Lehramtsstudienplätze sowie die in diesem Semester gestartete gemeinsame Grundschullehramtsausbildung mit der RWTH Aachen waren besonders dicke Bretter. Nicht zuletzt, weil wir hier eng auf den intensiven Austausch mit dem Land und dessen Unterstützung angewiesen waren und sind.

Inwiefern sehen Sie die Bergische Universität heute noch besser für die Zukunft aufgestellt?
Unsere Verbindungen zu Partnern in Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft wurden in den letzten Jahren intensiviert und ausgeweitet. Es gibt neue Kooperationsverträge mit der Stadt und der Bergischen Industrie- und Handelskammer. Wir sind in die ehemalige Bundesbahndirektion mitten in der Stadt eingezogen und damit präsenter im Stadtbild. Mit großen Forschungseinrichtungen haben wir erstmals Kooperationsverträge geschlossen oder die bereits bestehende Zusammenarbeit vertieft. Neue Partner sind beispielsweise das Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung (RWI) in Essen, das Deutsche Institut für Erwachsenenbildung/Leibniz-Zentrum für Lebenslanges Lernen (DIE) in Köln und das Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung (GSI) in Darmstadt.

Weiter vertieft wurden und werden unsere Kooperationen mit dem Forschungszentrum Jülich und dem CERN in Genf. Unser Maschinenbau-Netzwerk ist gewachsen, die Zahl der Deutschlandstipendien ist gestiegen und unser Förderverein FABU hat nach einem Relaunch wieder deutlich an Fahrt aufgenommen. Außerdem ist es schön zu sehen, dass unsere Expertise vielfach auch in politische Prozesse eingebunden ist – etwa in der Enquetekommission des Landesparlaments zu Künstlicher Intelligenz.

Wo sehen Sie noch Handlungsbedarf?
Ganz oben auf der Agenda steht die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses. Wir haben Promotionsstipendien auf Abschlussstipendien umgestellt und mit FORIS eine eigene Förderlinie für Nachwuchswissenschaftler*innen in ihrer frühen Karrierephase eingeführt. Dadurch erfahren wir auch viel mehr, was für sensationelle Projekte gerade unsere jüngeren Kolleg*innen entwickeln. Als nächsten Schritt wollen wir das Zentrum für Graduiertenstudien neu aufstellen, um Promovierende und Postdocs noch besser fächerübergreifend zu unterstützen. Dies ist auch ein Thema in unserem Hochschulentwicklungsplan. Der aktuell im Raum stehende Elefant sind die vom Land verordneten Einsparungen. Mehr als die Hälfte der ursprünglich verkündeten Summe konnten wir „runterverhandeln“, um den Rest ringen wir gerade mit vereinten Kräften.

Welche Themen oder Projekte stehen für die zweite Hälfte Ihrer Amtszeit im Fokus?
Nach der Verabschiedung des neuen Universitätsleitbildes und des Leitbildes Lehre haben wir Ende Oktober den Textentwurf für unseren Hochschulentwicklungsplan im Senat vorgelegt. Ende des Monats steht der nach der Sitzung noch einmal überarbeitete Text zur Beschlussfassung auf der Tagesordnung des Hochschulrats. Die dort angesprochenen großen Themenfelder werden die zweite Hälfte meiner Amtszeit prägen. Ich wünsche mir, dass wir uns als eine offene und tolerante Universität positionieren, die exzellente Forschung und innovative Lehre mit einer lebendigen Campuskultur verbindet – und die regional und international sichtbarer wird.

Konkrete Themen sind im engen Schulterschluss mit der Kanzlerin die weitere Digitalisierung interner Prozesse und die Weiterentwicklung des Campus. Geplant sind nun eine eigene Sporthalle und ein „Ort der Stille“.  Letzterer sollte sogar noch während meiner Amtszeit fertig werden.

Und zum Schluss: Was motiviert Sie, gerade auch in schwierigen Momenten?
Ganz klar die Menschen hier und die wunderbare Teamarbeit. Ich habe ein wunderbares Rektoratsteam und tolle Unterstützung. Die Begeisterung der Studierenden, die Leidenschaft der Lehrenden, die Kreativität und das Engagement der Mitarbeitenden – das sind die Momente, die mir stets neue Energie und Perspektiven geben. Immer wieder freut mich, wie viele Menschen an dieser Universität und über sie hinaus bereit sind, sich einzubringen. Deutlich wurde das beispielsweise in den Prozessen der Leitbilder und des Hochschulentwicklungsplanes, bei den neuen Forschungsinitiativen und Lehrinnovationen bis hin zu Campusfesten und neuen Kommunikationsformaten wie dem AStA- und dem Studierendenwerk-Jour fixe. Die große Vielfalt an Perspektiven und Themen prägt und bereichert meinen Alltag sehr.