Von der spannenden Liebe zu alten Sprachen und modernem Denken

20.03.2024|13:00 Uhr

Lateinische Texttafel

Grafik Bergische Universität

Vom 2. bis 6. April wird die Bergische Universität Wuppertal im Rahmen des Bundeskongresses des Deutschen Altphilologenverbandes unter dem Motto „Bildung, Entwicklung, Nachhaltigkeit – Latein und Griechisch“ zum bundesweiten Treffpunkt rund 600 Lehrender und Studierender. Auf die Frage, warum die Beschäftigung damit spannender ist, als auf den ersten Blick erkennbar, geben schon die drei öffentlichen, kostenfreien Veranstaltungen** im Tagungsprogramm eine überraschende Antwort: Beide Sprachen sind Multifunktionswerkzeuge, um nicht nur unsere Sprache, sondern auch unser aktuelles Denken und Handeln zu verstehen.

Portrait Prof. Stefan Freund

Foto Friederike von Heyden

Tagungsauftakt setzt mit Preisvergabe auch „humanitäres“ Zeichen

„Mit rund 6000 Mitgliedern ist der Deutsche Altphilologenverband der größte Fachverband für die Alten Sprachen in Europa“, erläutert Prof. Dr. Stefan Freund, Klassischer Altphilologe und Organisator des bevorstehenden fünftägigen Events an der Bergischen Universität (Tagungsprogramm). Tagungsteilnehmende und auch Interessierte aus dem Bergischen erwartet ein ganz besonderer Tagungsauftakt: Am 2. April um 18 Uhr erhält der Jesuit, Gymnasiallehrer, Buchautor und Redakteur Klaus Mertes im Hörsaal 33 der Bergischen Universität* den „13. Humanismuspreis“ dafür, dass er 2010 den Missbrauchsskandal in der katholischen Kirche öffentlich machte. Nicht minder bekannt ist die Laudatorin und unter anderem mehrfach ausgezeichnete Autorin Nora Bossong. „Das Zeichen, das wir mit diesem Preis und seinem Träger setzen, fügt sich perfekt in unser Verständnis der klassischen Texte und unseren modernen Fragen an sie an“, so Freund. So bezeichne der Begriff Humanitas im Lateinischen das, was den Menschen in seiner Würde und Besonderheit ausmache: seine Fähigkeit zur Bildung, aber damit verbunden auch zur Mitmenschlichkeit – eben zur Humanität.

 

Können alte Texte Aufschluss geben zu aktuellen Fragen?

„Das griechische Wort ‘Philo-logie‘ bezeichnet die Liebe zu Wörtern und Gedanken“, beschreibt Freund die gemeinsame Passion der Tagungsteilnehmenden. Und diese gilt vor allem für die beiden Sprachen und ihre Schriften. „Wir haben es mit Texten zu tun, die zur Zeit ihrer Entstehung aktuell, relevant und oftmals politisch waren – seitdem sucht sich jede Zeit daraus etwas Anderes aus“, so Freund. So gingen auch viele unserer heutigen Vorstellungen und Denkmuster auf die Antike zurück, erläutert der Experte, „wie etwa unsere Sehnsucht nach einem einfachen, früheren Leben bis hin zum Konzept des ‚gerechten‘ Krieges“. Auch die antike Rhetorik ist aktuell wie nie: Sie lehrt, wie man Menschen bewegt, beeinflusst und überzeugt. Wie aber funktionieren Manipulation, Machtlegitimation und Populismus heute? Wie diskutiert und gestaltet und reflektiert man Transformationen? Wie nehmen Menschen in unterschiedlichen Kulturen ihre natürlichen Lebensgrundlagen und ihren Umgang damit war? Diesen Fragen geht eine Podiumsdiskussion am 4. April, um 19.30 Uhr, unter dem Titel „Antike for future – oder: Wie denken wir Transformation zur Nachhaltigkeit“ in der Wuppertaler CityKirche Elberfeld, Kirchplatz 2, nach. Zu Gast: Helge Lindh (MdB), Klara Oehler (Lateinstudentin), Prof. Dr. Smail Rapic (Praktische Philosophie und Philosophie der Neuzeit an der Bergischen Universität), Verena Schäffer (MdL, Fraktionsvorsitzende der Grünen im Landtag NRW), der frühere Wuppertaler Stadtdirektor Dr. Johannes Slawig und Dr. Gabriel Zuchtriegel (Direktor des Archäologischen Parks von Pompeji). Es moderieren Dr. Anne Friedrich und Dr. Dr. Christopher Schliephake, Klassische Philologie und Alte Geschichte.

Neue Erkenntnisse in Pompeii und alte Einsichten ins Bergische

Und schließlich kommen Geschichtsfans auch bei der öffentlichen Abschlussveranstaltung der Tagung noch einmal ganz auf ihre Kosten: Am 5. April 2024 um 13 Uhr berichtet Dr. Gabriel Zuchtriegel als Direktor des Archäologischen Parks von Pompeji im Hörsaal 33 der Bergischen Universität* „Vom Zauber des Untergangs“. Doch damit nicht genug: Anlässlich der Altphilologentagung 2024 haben sich die Klassischen Philologen an der Bergischen Universität etwas Besonderes ausgedacht: Hier sammeln sie seit einigen Jahren lateinische Schriften aus dem Bergischen Land: etwa Herleitungen des Ortsnamens Elberfeld von 1679, ein Geburtstagsgedicht auf den preußischen König, über die Befreiungskriege gegen Napoleon u.v.m. Das nun erscheinende kleine Werk mit lateinischen Texten und ihrer deutschen Übersetzung enthält Zeugnisse einer Zeit, in der ganz Europa konfliktreich um neue Formen staatlichen Zusammenlebens rang. Und es macht deutlich: „Vom Mittelalter bis ins 19. Jahrhundert prägen die lateinische Sprache und antike Texte jede höhere Schulbildung, das Weltverstehen und die Lebenswirklichkeit der Menschen“, so Freund.  
 

*Bergische Universität Wuppertal, Campus Grifflenberg, Gebäude K, Hörsäle 32 und 33, Gaußstr. 20, 42119 Wuppertal

** Abgesehen von den drei beschriebenen öffentlichen, kostenfreien Veranstaltungen sind Interessenten am Gesamtkongress eingeladen, sich direkt im Tagungsbüro (» Lageskizze hier) anzumelden: DAV-Mitglieder 50 Euro, Nichtmitglieder 80 Euro, kostenfrei für Studierende, Referendarinnen und Referendare, arbeitslose Lehrkräfte. Eine Tageskarte für Kurzentschlossene ist für DAV-Mitglieder mit 20 Euro, Nichtmitglieder 30 Euro oder kostenlos für die gerade erwähnte Gruppe zu erwerben.

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