Neues Werk online
Arthur Schnitzler digital veröffentlicht Flucht in die Finsternis

Arthur Schnitzler // Foto (gemeinfrei) Ferdinand Schmutzer, Public domain, via Wikimedia Commons
Im Blickpunkt der unmittelbar vor dem Tod des Autors veröffentlichten Novelle Flucht in die Finsternis (1931) stehen das Psychogramm einer Figur, die den eigenen Weg in den Wahnsinn vergeblich zu verhindern versucht, und die am Beispiel der Geschichte ihres Scheiterns entwickelte Frage, wo genau die Verantwortung für das eigene Handeln endet und der Übergang von ‚Normalität‘ zu geistiger Krankheit beginnt.
Neue Funktionalitäten
Das reichhaltig überlieferte Nachlassmaterial der über einen Zeitraum von rund 27 Jahren hinweg entstandenen Novelle umfasst mehr als 30 Dokumente und knapp 1.000 Seiten. „Die im Rahmen der Wuppertaler Edition jetzt erstmals im Detail erarbeitete Rekonstruktion der Textentstehung macht anschaulich nachvollziehbar, wie lange und in welchem Ausmaß der Autor an seinem Text gearbeitet hat, resümiert Prof. Dr. Michael Scheffel als einer der Verantwortlichen des Schnitzler-Projekts an der Bergischen Universität Wuppertal. Deutlich würde die wiederholte Erprobung unterschiedlicher Motive und Stoffe sowie verschiedener Figuren- und Handlungskonstellationen. „Außerdem zeigt sich, dass die Novelle im Wesentlichen schon viele Jahre vor ihrer Publikation vollendet wurde und insofern zu Unrecht als ‚Spätwerk‘ Schnitzlers gilt“, fügt der Wuppertaler Co-Projektleiter Prof. Dr. Wolfgang Lukas hinzu.
Einige der überlieferten Werkniederschriften von Flucht in die Finsternis sind in ihrer Komplexität beispiellos – auch für Schnitzler, der nicht selten über Jahrzehnte an seinen Texten arbeitete. Für ihre Dokumentation wurden auf der Plattform neue Funktionalitäten implementiert, etwa zum Zwecke der Anzeige eingelegter und an verschiedenen Stellen des Textes wiederverwendeter Blätter.
Verlinkung zu Schnitzlers Tagebüchern
Eine interaktive und mit unpublizierten Quellen zur Entstehungsgeschichte angereicherte Timeline informiert weiterhin über die verschiedenen Phasen von Schnitzlers Arbeit an seinem Werk. Ein auch Druckvarianten ausweisender ‚Lesetext‘ liefert außerdem einen gesicherten und zitierbaren Text der Novelle. Ein Sachkommentar bietet Informationen zu dessen besserem Verständnis.
Eine Neuerung der gesamten digitalen Edition ist die direkte Verlinkung zur digitalen Aufbereitung von Schnitzlers Tagebüchern, die seit einigen Jahren am Austrian Centre for Digital Humanities and Cultural Heritage in Wien erarbeitet wird (https://schnitzler-tagebuch.acdh.oeaw.ac.at) und die inzwischen ein unverzichtbares Instrument der Schnitzler-Forschung darstellt.
Mehr Hintergrund zum Forschungsprojekt
Das Forschungsprojekt Arthur Schnitzler digital. Digitale historisch-kritische Edition (Werke 1905 bis 1931) wird von Wissenschaftler*innen an der Bergischen Universität Wuppertal, der University of Cambridge und dem University College London in Kooperation mit der Cambridge University Library, dem Deutschen Literaturarchiv Marbach, dem Arthur-Schnitzler-Archiv-Freiburg sowie mit dem Trier Center for Digital Humanities durchgeführt. Das deutsche, Anfang 2012 gegründete und als Forschungsvorhaben der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften und der Künste im Rahmen des Akademienprogramms geförderte Teilprojekt bearbeitet die Werke ab 1914.